Solarzellen, Transistoren, Detektoren, Sensoren und LEDs haben eine Gemeinsamkeit: Sie bestehen aus Halbleitermaterialien, deren Ladungsträger erst durch Bestrahlung mit Licht (Photonen) freigesetzt werden. Die Photonen lösen Elektronen (negative Ladungsträger) aus ihren Orbitalen heraus, die sich durch das Material bewegen, bis sie nach einer Zeit wieder eingefangen werden. Zeitgleich entstehen „Löcher“ an den Stellen, wo die Elektronen fehlen – diese Löcher verhalten sich wie positiv geladene Ladungsträger und sind für die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Anwendung ebenfalls wichtig. Das Verhalten der negativen wie positiven Ladungsträger in Halbleitern unterscheidet sich oft um Größenordnungen, von der Mobilität über die Diffusionslängen bis hin zur Lebenszeit. Bisher mussten die Parameter der Transporteigenschaften für jeden Ladungstyp extra ermittelt werden und erforderten darüber hinaus unterschiedliche Messmethoden.
Der HZB-Physiker Dr. Artem Musiienko hat nun im Rahmen seiner „Maria Skłodowska Curie Postdoctoral Fellowship“ eine neue Methode entwickelt, die in einer Messung alle 14 Parameter der positiven wie negativen Ladungsträger erfassen kann. Dafür nutzt er ein Magnetfeld, das senkrecht durch die Probe dringt und eine konstante Lichtquelle für die Ladungstrennung. Die freigesetzten Ladungen wandern entlang eines elektrischen Felds und werden durch das Magnetfeld senkrecht zu ihrer Bewegungsrichtung abgelenkt, wobei ihre Masse, ihre Mobilität und weitere Eigenschaften eine Rolle spielen. Aus den Signalen und insbesondere auch den Differenzen zwischen den Signalen der unterschiedlichen Ladungsträger lassen sich insgesamt 14 verschiedene Eigenschaften ermitteln, zeigte Musiienko mit einem übersichtlichen System aus Gleichungen.
„Damit bietet CLIMAT mit einer Messung einen umfassenden Einblick in die komplizierten Mechanismen des Ladungstransports, sowohl der positiven wie der negativen Ladungsträger. Wir können das nutzen, um neuartige Halbleitermaterialien viel schneller einzuschätzen, zum Beispiel auf ihre Eignung als Solarzellen oder für andere Anwendungen“, meint Musiienko.
Um die breite Anwendbarkeit zu demonstrieren, haben Forschungsteams am HZB, der Universität Potsdam und weiteren Einrichtungen in den USA, Schweiz, England und Ukraine nun insgesamt zwölf sehr unterschiedliche Halbleitermaterialien mit dieser Methode charakterisiert, darunter das klassische Silizium, Halogenid-Perowskit-Filme, organische Halbleiter wie Y6, Halbisolatoren, selbst organisierte Monoschichten und Nanopartikel. Die Ergebnisse sind nun in Nature communications veröffentlicht.
Die neue Methode gilt als bahnbrechend, urteilen Fachleute wie Prof. Vitaly Podzorov von der Rutgers University, USA, der in Nature Electronics die CLIMAT-Methode mit 15 von 16 Punkten bewertet hat. Insbesondere spart CLIMAT viele Arbeitsschritte, die bei den bisher üblichen Messungen anfallen und damit auch wertvolle Zeit. Anfang 2024 wurde die CLIMAT-Methode vom Europäischen Patentamt unter der Nummer EP23173681.0 zur Patentierung zugelassen. „Derzeit laufen Verhandlungen mit Unternehmen über die Lizenzierung unserer Methode“, sagt Musiienko. Das Ziel ist ein kompaktes Messgerät, etwa so groß wie ein Notebook.
Die Kombination aus traditionsreichen Unternehmen, einer lebendigen Start-up-Szene und erstklassigen Forschungseinrichtungen bietet Industrieunternehmen, die auf der Suche nach einem innovativen Umfeld sind, ideale Strukturen. Der Sektor der industriellen Produktion umfasst die Bereiche Industrie 4.0, Additive Fertigung, Elektroindustrie, Maschinen- und Anlagenbau, Kunststoffe und Chemie, Metall, Ernährung. Die Unternehmen dieser „klassischen“ Industrien haben einen wesentlichen Anteil bei der Entwicklung von Spitzentechnologien und sorgen für vernetzte Zulieferbeziehungen in der Hauptstadtregion.
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