Sogar Berlins Regierender Bürgermeister war da, als die CODE University im Herbst ihren neuen Campus im Kalle Neukölln bezog. Die CODE hat das Studieren neu aufgezogen. Klar, dass dafür ganz besondere Räume hermussten. Das umgebaute Parkhaus, in dem die Uni jetzt residiert, gehört zum Kalle Neukölln, einem revitalisierten Kaufhaus in der Karl-Marx-Straße, das jahrelang leer stand und nun zu einem riesigen Social-Hub entwickelt wurde. 2017 ging die Uni an den Start, um eine völlig neue Art der Ausbildung zu schaffen – mit starkem Fokus auf künftige Gründer. Heute studieren hier 500 junge Menschen, komplett auf Englisch. Warum fiel die Wahl auf Neukölln? Was erwartet die Studierenden am neuen Campus? Und wie revolutioniert die CODE University das Lernen im 21. Jahrhundert? Diese und weitere Fragen beantwortet uns Geschäftsführer Reimar Müller-Thum in unserem Interview.
Ja, absolut. Ich denke auch, dass uns das mit den Machern des Kalle verbindet – wer neue Wege beschreitet, muss halt auch immer ein wenig Mut mitbringen. Gleichzeitig sehen wir aber das Potential des Bezirks, der sich immer wieder neu erfindet. Wir wollen dazu beitragen, sein Image zu verbessern. Unsere Hochschule soll ein Ort sein, an dem sich Menschen aus verschiedenen Kulturen treffen und austauschen. Dafür ist Neukölln einfach perfekt. Der Kiez mit seinen vielen Kulturen, mit seinen Bars und Restaurants, die weit über Berlins Stadtgrenzen berühmt sind, ist schon einzigartig und bereichert uns ungemein. Aber ich denke andersherum auch, dass unsere Studierenden den Kiez bereichern. So gesehen eine Win-Win-Situation.
Insgesamt bietet das Kalle die perfekte Kulisse für eine zukunftsorientierte Hochschule – sowohl von außen als auch im Inneren. Wichtig war uns vor allem eine offene und flexible Gestaltung der Räume. Ich denke, der klassische Hörsaal ist tot. Und in unserem Fall auch überflüssig, denn wir haben ganz andere Lernformen etabliert. Wir bieten unseren Studierenden Lernräume, die sich ihren Bedürfnissen anpassen. Mit Instrumenten, Spielen und einer offenen Küche. Die Entwickler vom Kalle Neukölln, das Team von MREI, haben selbst einen Startup-Hintergrund, so wurden wir uns schnell einig, wie wir was machen wollen.
Die Andersartigkeit des ganzen Gebäudes mit riesigen Terrassen und einem Innenleben, das wir selbst gestalten konnten. Jetzt leben wir ja gerade noch halbwegs auf einer Baustelle, aber es fühlt sich bereits jetzt gut an. Ich denke, wenn das dann fertig ist, können wir uns ordentlich austoben. Die Kalle Halle wird eine fantastische Mensa werden und bestimmt abwechslungsreicher sein als in anderen Unis. Oder wir verlegen mal ein Seminar auf das Rooftop mit dem Blick zu neuen Horizonten über Berlin – ich kenne wenig Gebäude in Berlin oder überhaupt, die sowas in der Kombination anbieten. Außerdem gibt es noch andere Mieter wie Smartvillage und Delta, die hochgradig anschlussfähig sind, so dass wir auch ein Mikro-Ökosystem im Gebäude haben, mit dem sich unsere Studierenden weiterentwickeln können.
Unser alter Standort in Kreuzberg war von Beginn an eher eine Übergangslösung. Es war ein Coworking-Space, der uns zwar einen schnellen Start und auch viel Flexibilität ermöglichte, auf lange Sicht aber nicht unseren Ansprüchen genügte. Wir haben schon lange einen Ort gesucht, an dem sich neue Ideen entwickeln und ausleben lassen. Und als Tom, der Gründer der Hochschule, mir das erste Mal vom Kalle erzählte, war ich gleich begeistert. Die Konzeptbilder unterschieden sich damals zwar noch stark von der Baustelle vor Ort, aber ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass das passt. Und ein Jahr später sind wir dann eingezogen.
Konfiguriert haben wir das komplett alleine, mit unserer Innenarchitektin zusammen und so wurde es auch umgesetzt. Übertrieben gesprochen sind unsere Hörsäle die Telefonkabine, wo die Studierenden ihren Calls nachgehen, weil man ja auch nomadischer und hybrider arbeitet. Das fängt bei uns ja schon im Studium an. In der Realität ist es der Gruppenarbeitsraum mit drei, vier Stühlen, weil es dort um das voneinander und miteinander Lernen geht. Das ist bei uns viel wichtiger, als die großen Räume. Der klassische Hörsaal ist meiner Meinung nach einfach tot.
Genau. Für größere Veranstaltungen können wir unsere Räume öffnen und dann haben wir auch mal 180 Leute in einem Saal. Im normalen Lern- und Lehralltag haben wir nicht mehr als 15-20 Personen in einem Raum, das kann in Workshop-Sessions auch auf fünf runtergehen.
Indem wir ein Umfeld bieten, das jungen Menschen, die eine Idee haben, eine Gründung ermöglicht. Durch die Verbindung von Mentoren und Investoren haben wir eine optimale Umgebung, und es wird immer besser, je mehr Unternehmen ins Gebäude einziehen. Unsere Nachbarn im Gebäude wurden streng kuratiert, so dass es fast ein Tech-Startup-Hub wird. Also ein idealer Biotop für unsere Uni.
Den staatlichen Universitäten fehlt einiges im Vergleich zu uns. Die CODE ist ja aus einem Unternehmernetzwerk heraus entstanden, somit ist das Unternehmer- oder Unternehmensnetzwerk für uns Teil des Alltags. Da müssen sich andere Universitäten ganz schön strecken, um überhaupt irgendwas in der Form anbieten zu können. Wir haben das im Grunde im Gesellschafterkreis.
Ich habe die Uni schon seit ihrer Gründung gespannt verfolgt. Gerade weil ich denke, dass das klassische Hochschulmodell ausgedient hat. Es kann die Anforderungen, die die heutigen Talente und morgigen Führungskräfte stellen, einfach nicht mehr erfüllen, oder jedenfalls nicht so gut. Bei uns läuft es dagegen anders, der Lehransatz ist weltweit einzigartig. Als mich Tom fragte, ob ich die Geschäftsführung übernehmen möchte, habe ich keine Sekunde gezögert.
Im klassischen Hochschulsystem geht es letztlich um das Lernen nach einem Plan. Mit Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge wurde das Studium verschult und hat insofern nichts mehr mit dem Studium von früher zu tun, nämlich dem selbständigen Erschließen von Wissen. Du lernst da entlang eines Pfades, den jemand für dich entwickelt hat, der dachte er weiß, was für dich am besten ist. Genau wie in Schulen wird in den Hochschulen gelerntes Wissen abgefragt. Das ist nicht die Art, wie High Potentials der Gegenwart und Zukunft lernen wollen.
Studis, die vorgekautes Wissen präferieren, sind bei uns auf jeden Fall nicht richtig. Nicht zuletzt haben wir ja einen Einstellungstest, der sich gewaschen hat. High Potentials wollen selbstbestimmtes Lernen, sie wollen Themen in ihrem eigenen Rhythmus erschließen. Es geht eher darum, wie ich lerne, als was ich lerne. Bei uns geht es also nicht ums Auswendiglernen, sondern darum, sich Fertigkeiten und Fähigkeiten anzueignen und darum, zusammen, miteinander und voneinander zu lernen. Das halten wir für zeitgemäßer und das motiviert auch mehr, weil die Studenten im Mittelpunkt stehen und für sich selbst entscheiden können und sogar müssen.
Wir leiden tatsächlich etwas unter dem Ruf, angeblich eine Uni für ‘Rich Kids’ zu sein. Das ist aber ziemlicher Blödsinn, denn bei uns zählt vor allem das Talent, die Herangehensweise, die Innovationskraft. Unser Auswahlverfahren ist da nicht ohne. Deshalb gibt es bei uns auch verschiedene Stipendienprogramme und Finanzierungsmodelle.
Genau. Und das ist ja auch das, was wir fördern: Dass die Leute einen Willen haben, Dinge zu verfolgen, auch dranbleiben und eine Hartnäckigkeit entwickeln, Dinge aushalten. Das sind Themen, die bei uns im Studium im Vordergrund stehen. Wir stellen vor allem Projekte der Studierenden selbst in den Mittelpunkt. Sie können ab dem ersten Semester und über alle Module hinweg daran arbeiten. Diese tiefe Praxis-Integration im Studium gibt es sonst nirgendwo. Nicht selten gründen unsere Studierenden schon vor dem Studienabschluss ihr eigenes Startup. Und ja: jedes Startup, das aus unserer Uni kommt, sehen wir als Erfolg.
Wir haben beides. Die Realität ist allerdings, dass auch bei uns nicht alle Gründer sind, sondern etwa zehn Prozent. Ungefähr 70 Prozent der Studierenden arbeitet dann mit den zehn Prozent an ihren Ideen und an ihren Gründungen. Man gründet ja niemals alleine. Dann gibt es vielleicht nochmal so 20 Prozent, die weder gründen noch für eine Neugründung arbeiten wollen und sich eher nach Konzernen umschauen. Was auch okay ist, nicht umsonst haben wir eine Partnerschaft mit Porsche und mit der Deutschen Telekom.
Wenn jemand eine Idee hat, sind das häufig diejenigen, die schon autodidaktisch Software entwickeln. Die kommen dann zu uns und haben letztlich die Möglichkeit, das Studium rund um ihre Idee zu gestalten und sich anzueignen, was sie für die Entwicklung brauchen. Vielleicht hat ein Studierender erstmal nur eine Datenbank und weiß noch nicht, was man mit ihr anfängt.
Naja – das entwickelt sich. Zum Beispiel kann der Studierende sich zunächst von anderen Studierenden und Professoren Inspiration holen und sich im zweiten Semester vielleicht überlegen, wie er mit der Datenbank in Richtung Kommunikationsplattform geht. Dann kommt das dritte Semester, und er schaut sich den Markt für Chatsysteme an und was dort überhaupt gebraucht wird und macht eher BWL-Sachen und ein Modul über Business-Pläne. Das ist das Einzigartige der CODE, was ich von keiner anderen Hochschule kenne, dass du dein Studium so krass gestalten kannst, dass du dich in jedem Semester entscheiden kannst, welche Fächer du eigentlich studieren willst. Im Grunde gibt es bei unseren 500 Studenten 500 Formen des Studiums – übertrieben gesprochen. Das ist ein zeitgemäßer Ansatz, und der Erfolg unserer Uni gibt uns Recht.
Das Interview wurde von Constanze von Kettler, Agentur für Pressearbeit TEAM CODE ZERO, geführt.
(Quelle: TEAM CODE ZERO, 03. Dezember 2024 | "Neuer Campus in Neukölln - CODE University – die Gründer-Schmiede im Kalle Neukölln")
In der Airport Region Berlin Brandenburg trifft Wirtschaft auf Wissenschaft – mit erstklassiger Forschungsbasis und einer engen Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftseinrichtungen und Unternehmen. Ein ideales Umfeld, um innovative Ideen in marktfähige Produkte zu verwandeln.
Für mehr Informationen zur wirtschaftlichen Entwicklung der Wachstumsbranchen der Region sowie zu Wirtschafts- und Technologieförderung für Unternehmen, Investoren und Wissenschaftseinrichtungen kontaktieren Sie bitte:
Sandra Koletzki | sandra.koletzki(at)airport-region.de